Motto:

  • Was immer geschieht: Nie dürft ihr so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken. Erich Kästner

Freitag, 18. Oktober 2013

Mindestlohn von früh bis spät

Offenbar strebt der rote "Wahlgewinner" in den Koalitionsverhandlungen mit der farblosen "Wahlgewinnerin" einen einheitlichen Mindestlohn von 8,50 Euro an. Das ist bis dato nur eine Forderung. Aber sofort bringen sich die üblichen Verdächtigen in Stellung und dürfen hemmungslos herumphantasieren. Beispiele gefällig? Überschriften einiger Zeitschriften heute:
DIE WELT: 8,50 Euro Mindestlohn gefährdet eine Million Jobs (Ja, Jobs, es gibt leider kein deutsches Wort für Arbeitsstelle). BILD: Verband: Taxi mit Mindestlohn 20% teurer. SPIEGEL ONLINE: Handwerk, Bau und Gartenarbeit: Mindestlohn lenkt Milliarden in die Schwarzarbeit. FOCUS MONEY ONLINE: Mindestlohn könnte Schwarzarbeit Boom auslösen.


Ja, könnte schon. Beweise dafür? Fehlanzeige. Belastbare Argumente? Ja, einige Ökonomen und Wirtschaftswissenschaftler wissen das halt. Dafür haben diese Leute ja lange genug studiert, das muß als Argument reichen. Nicht? Okay, lauschen wir dem Herrn Schneider von der Uni Linz (ich habe nur eine Uni Linz gefunden, die ist in der Tat in der Landeshauptstadt Oberösterreichs). Wie Herr Schneider sozusagen mit dem Teleskop seine Ferndiagnose stellt, ist beeindruckend. Auch die Stringenz seiner Argumente:

„Besonders betroffen sind Handwerk, Baugewerbe, Gärtnerarbeiten und haushaltsnahe Dienstleistungen wie Friseure“, sagte der Ökonom, der international für seine Studien zur Schwarzarbeit bekannt ist. „Da findet sich garantiert jemand, der das auch für sechs, sieben oder acht Euro unter der Hand macht.“

Soso, aber wenn man einen Mindestlohn von, sagen wir mal, 6 Euro macht, findet sich da nicht auch garantiert jemand, der das vielleicht für 3, 4 oder 5 Euro unter der Hand macht? Ich mein´  ja nur, bei Mindestlöhnen von 0,95 Euro (Bulgarien), 1,05 Euro (Rumänien),  2 - 2,50 Euro (Slowakei, Ungarn, Tschechien, Polen. Kroatien). Könnte schon , oder?


"Ein gesetzlicher Mindestlohn würde erhebliche Lohnkostensteigerungen nach sich ziehen und Arbeitsplätze gefährden", sagt der Präsident des Deutschen Hotel und Gaststättenverbandes (Dehoga), Ernst Fischer. "Es kann nicht Aufgabe der Politik sein, vor Wahlen mit jeweils neuen und höheren Mindestlohnforderungen Wählerstimmen zu fangen.


Sind das nicht die, die 2010 das Mehrwertsteuergeschenk der "schwarzgelben" Koalition freudig empfangen haben? Ist der Ranzen immer noch nicht voll? Aber ich verstehe ihn schon: Aufgabe der Politik ist es für ihn und seinesgleichen ganz offensichtlich, wenn die Politik nach den Wahlen an die Lobbyisten Geldgeschenke verteilt. Und falls da was für das gemeine Volk abfallen sollte, schmälert das doch nur die eigene Einkommensmöglichkeit. Fatal.
Wenn ein Lohn von 8,50 Euro schon "erhebliche Lohnsteigerungen" verursacht, was bitte bezahlen Ihre Mitglieder den Angestellten denn jetzt? Wie "erheblich" ist erheblich?

Vielleicht rechnen wir einfach mal so, wie der Herr Müller vom Taxiverband: Im Text erhöht er die in der Überschrift genannten 20 % mal eben salopp auf "bis zu 25 %". Klassische Dreisatzrechnung von 8,50: Derzeit ca. 6,80 Euro = ca. 1177.- Euro BRUTTO im Monat, also je nach Steuerklasse und Bundesland zwischen 890.- und 940.- Euro netto. Wahrlich genug zum Leben.

Die 1 Million Job-Vernichtungsphantasie stammt laut WELT vom IFO-Institut. So, wie das dort steht, gelten diese Zahl auch dann, wenn der Staat IRGENDEINEN Mindestlohn festlegt. Ein Link im Artikel führt -jetzt nicht lachen- zu einem WELT-Bericht von 2007! Dort wird diese Zahl im Zusammenhang mit dem Mindestlohn bei der Post vorgebracht. Die Post hatte 2007 in dem Geschäftsbereich, die der Mindestlohn betraf, etwa 145000 Mitarbeiter. Derzeit sind es etwa 125000. Von 147000 auf 125000...ja, da wurden in der Tat 1 Million Arbeitsplätze vernichtet. Ein Institut mit solch punktgenauen Prognosen, da zieh´ ich den Hut vor. 

Übrigens räumen die Institute in ihrem Herbstgutachten ein, dass für die bisher vereinbarten zwölf Branchen-Mindestlöhne bisher keine negativen Beschäftigungswirkungen nachweisbar seien.

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